Virtueller Wettstreit zugunsten energieeffizienter Mobilität
Wie lassen sich Leute dazu motivieren, häufiger zu Fuss zu gehen, Velo zu fahren, den öffentlichen Verkehr zu nutzen oder andere innovative Formen der Mobilität für sich zu entdecken? GoEco! sprengt die Grenzen der üblichen Sensibilisierungskonzepte, indem es auf die Smartphone-Technologie setzt und die Menschen mit einem Bottom-up-Ansatz direkt in ihrem Alltag anspricht.
Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)
Mobilitätsverhalten mit einem nachhaltigen Lebensstil zu vereinbaren, ist eine grosse Herausforderung. Zu den wirkungsvollsten Strategien für eine Umstellung auf ein nachhaltigeres Mobilitätsverhalten gehören gemäss sozial- und umweltpsychologischer Forschung persönliches Feedback sowie Vergleiche mit den Gewohnheiten und der Leistung anderer Mitglieder der eigenen Community. Vor diesem Hintergrund eröffnen sich neue Möglichkeiten durch die Verbreitung der digitalen Technologien und insbesondere der sozialen Medien, Community-basierter Systeme und Smartphones.
Zielsetzung
GoEco! ist ein "Living Lab", in welchem Personen eine Smartphone-Applikation (App) testen können, die sie dazu motivieren soll, weniger Auto zu fahren. Die App bietet dafür folgende Funktionen:
- Aufzeichnung der zurückgelegten Strecken, Feedback über das persönliche Mobilitätsverhalten und Vorschläge für umweltfreundlichere Alternativen;
- Festlegen von persönlichen Veränderungszielen;
- Schaffung eines Community-basierten Motivationssystems mit "Gaming"-Elementen wie persönlichen Herausforderungen, Belohnungen und Wettbewerben mit anderen Mitgliedern der Community.
Das "Living Lab" wurde im Kanton Tessin und in der Stadt Zürich durchgeführt, zwei sehr unterschiedlichen Orten hinsichtlich Mobilitätsangebot und soziokultureller Haltung der Bevölkerung gegenüber Mobilität.
Resultate
Die Wirkung der
GoEco!-App wurde in einem einjährigen, gross angelegten Feldversuch mit rund 600 Personen in zwei urbanen Gebieten der Schweiz getestet. Die Abbruchquote während der drei Testperioden war hoch (nach einem Jahr verblieben lediglich 52 aktive Projektteilnehmende),
GoEco! erreichte trotzdem eine statistisch signifikante Wirkung bei regelmässig zurückgelegten Routen (Abnahme der Autofahrten, des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen pro Kilometer) in städtischen Gebieten mit intensiver Autonutzung wie dem Kanton Tessin. In Zürich dagegen, wo bereits ein qualitativ gutes öffentliches Verkehrsnetz existiert, waren keine statistisch signifikanten Effekte festzustellen. Abgesehen von den quantitativen Ergebnissen resultieren aus dem Experiment aufschlussreiche Erkenntnisse, die in der weiteren praxisorientierten Forschung von Nutzen sein werden.Bedeutung
Bedeutung für die Forschung
GoEco! wurde mit dem Ziel entwickelt, die Grenzen früherer Apps zu überwinden, die Veränderungen im Mobilitätsverhalten herbeiführen sollten, die aber weder auf der Theorie der Verhaltensänderungen basierten noch mit aussagekräftigen Feldversuchen getestet wurden. Deren Ergebnisse waren somit nicht auf die ganze Gesellschaft übertragbar. Ebenso war das langfristige Verhalten nicht messbar. Zudem konnten aufgrund des Fehlens einer Kontrollgruppe allfällige Änderungen im Mobilitätsverhalten nicht der App allein zugeschrieben werden, da möglicherweise externe Faktoren eine Rolle spielten.
Trotz einer drastischen Verkleinerung der Stichprobe der freiwilligen Testpersonen zeigt das Projekt, dass GoEco! bei systematischen individuellen Mobilitätsmustern statistisch signifikante Veränderungen herbeiführen kann. Auch wenn keine klaren Schlussfolgerungen möglich sind, legen die Ergebnisse nahe, dass diese Stossrichtung der Forschung weiterverfolgt werden sollte. Abgesehen von den quantitativen Ergebnissen waren die Erfahrungen bei der Konzeption, Durchführung und Auswertung des einjährigen Feldtests sehr aufschlussreich. Sie werden für künftige Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet von grossem Nutzen sein.
Bedeutung für die Praxis
GoEco! entwickelte und testete eine Motivations-App, die auf Veränderungen im individuellen Mobilitätsverhalten hinwirken sollte. Die Erfahrung, die bei der Entwicklung und beim Feldversuch mit der App gewonnen wurden, leisteten einen wertvollen Beitrag zur Formulierung von Empfehlungen für eine grössere Wirksamkeit solch praktischer Anwendungen. Diese Empfehlungen werden durch Forschende bereits in Folgeprojekten getestet, beispielsweise im ERA-NET SmarterLabs oder in dem von der SBB finanzierten Projekt "GreenClass". Solche neuen Apps könnten mit Erfolg in anderen Kontexten und Regionen übernommen werden, insbesondere in Gegenden, in denen das Auto nach wie vor das vorherrschende Verkehrsmittel ist.
Originaltitel
GoEco! A community based eco-feedback approach to promote sustainable personal mobility styles